Verkehrsrecht

Rechtsanwalt Norbert Behm

Fachanwalt für Verkehrsrecht in Überlingen

Seit meinem Eintritt in die Kanzlei Dr. Wetzel & Behm im Jahre 1996 liegt ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit auf dem Gebiet des Verkehrsrechts mit den Schwerpunktthemen Verkehrsunfallregulierung, Schadensersatz, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Schmerzensgeld, Ordnungswidrigkeitenverfahren, Bußgeld, Verkehrsstraftaten wie unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, fahrlässige Körperverletzung, Trunkenheitsfahrt, MPU, Fahrerlaubnisentziehung, Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, Fahreignungsregistereinträge in Flensburg u.v.m.

Der Erwerb der Zusatzqualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ erfolgte Mitte des Jahres 2007 und erforderte den Nachweis von zumindest 160 praktischen Verkehrsrechtsfällen, davon mindestens 60 zivil- oder strafprozessuale Verfahren vor dem Amtsgericht, Landgericht bzw. Oberlandesgericht sowie eine erfolgreiche Lehrgangsteilnahme zur Vermittlung besonderer theoretischer Kenntnisse im Verkehrsrecht von weiteren 120 Stunden. Zum Erhalt des Fachanwaltstitels ist darüber hinaus eine weitere jährliche Qualifizierungsfortbildung von 15 Stunden erforderlich, so dass eine qualifizierte verkehrszivil- bzw. verkehrsstrafrechtliche Beratung und Vertretung jederzeit gewährleistet ist.

Durch die Teilnahme an umfangreichen Fortbildungsveranstaltungen wurde mir darüber hinaus von der Bundesrechtsanwaltskammer die Befugnis erteilt, das entsprechende Fortbildungszertifikat der Kammer zu führen.

Ihre anstehenden Fragen rund ums Verkehrsrecht sind bei mir in den besten Händen. Nehmen Sie  Kontakt mit uns auf, auf Wunsch auch gerne telefonisch oder per Email.

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Aktuelle Themen im Verkehrsrecht

Vollkaskoversicherung und Reifenplatzer

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit 300,00 € Selbstbeteiligung für seinen PKW der Marke Daimler-Benz E 270. Während einer Autobahnfahrt am 11.11.2017 geriet das Fahrzeug des Klägers wegen eines geplatzten linken Hinterreifens ins Schleudern. Nachdem der Kläger sein Fahrzeug auf dem Seitenstreifen zum Stehen gebracht hatte, stellte er fest, dass sich die linke Seitenwand des Winterreifens vollständig gelöst und die gelösten Reifenteile den hinteren linken Radkasten, die linke Seitenwand und den hinteren Stossfängerbereich derart beschädigt hatten, dass vom Gutachter nur noch ein wirtschaftlicher Totalschaden festgestellt werden konnte. Da zum Unfallzeitpunkt ein Fremdkörper in der Lauffläche des Reifens nicht festzustellen war, verweigerte die Vollkaskoversicherung die Regulierung des Wiederbeschaffungsaufwandes mit der Begründung, dass hier kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorgelegen habe. Die hierauf angestrengte Klage blieb jedoch in beiden Instanzen der Erfolg versagt und wurde abgewiesen. Das OLG Karlsruhe führte hierzu in seinen Entscheidungsgründen aus, dass ein Unfall per Definition ein von außen unmittelbar und plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis sei. Dabei könne dahinstehen, ob der Fremdkörper – ein spitzer Stein oder beispielsweise auch ein Nagel – auf der Fahrbahn liegt und vom Fahrzeug überfahren wird, oder ob sich schon vorher ein Fremdkörper im Reifen befinde, der während der Fahrt immer tiefer in den Reifen eindringt, so dass erst dadurch ein plötzlicher Druckverlust bzw. ein Reifenplatzen erfolge. Hingegen liege kein versichertes Unfallereignis vor, wenn ein schon vor Fahrtantritt bestehender Reifenschaden die alleinige Ursache dafür sei, dass der Reifen bei einer normalen Fahrt plötzlich platzt. Denn in einem solchen Fall beruht der Schaden eben gerade nicht auf einem Ereignis, welches unmittelbar von außen mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkt, sondern allein auf einer inneren Ursache durch ein schadhaftes Fahrzeugteil. Nach den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen handelt es sich bei dem schadhaften Reifen um einen Runflat-Reifen mit verstärkter Seitenwand, für deren Montage Spezialwerkzeug erforderlich sei und die nur von zertifizierten Monteuren durchgeführt werden. Eine fehlerhafte Überbeanspruchung bzw. Überdehnung des Reifens bei der Montage kann bereits dazu führen, dass erfahrungsgemäß auch noch Jahre später der äußere Wulstkern des Reifens, der kleiner als die Felge ist, während der Fahrt irgendwann auseinanderreißt und der Reifen platzt. Hierfür sprächen insbesondere die an der Felge vom Gutachter festgestellten Werkzeugspuren, die bei einer ordnungsgemäßen Montage mit entsprechenden Spezialwerkzeugen nicht entstehen können. Vor allem lässt das völlige Fehlen  der äußeren Seitenwand nur den Schluss zu, dass die gesamte Seitenwand als typische Folge eines früheren Montagefehlers plötzlich geplatzt ist und nicht durch einen in die Lauffläche des Reifens eingedrungenen Fremdkörper verursacht wurde. Dass der Sachverständige bei der Untersuchung des beschädigten Reifens einen langen Nagel in der Lauffläche des Reifens festgestellt habe und wie dieser nachträglich in die Lauffläche gelangt sei, könne dabei dahinstehen, da dieser das plötzliche Abplatzen der gesamten äußeren Seitenwand des Reifens nachvollziehbar nicht erklären könne  (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.12.2020 – 9 U 124/18).

Verjährung von Schadensersatzansprüchen im Dieselabgasskandal

In einer richtungsweisenden Entscheidung des BGH vom 17.12.2020, VI ZR 739/20, wurde die Klage eines Dieselgate-Geschädigten gegen die Volkswagen AG aufgrund der Verjährungseinrede letztinstanzlich abgewiesen. Der Kläger erwarb im April 2013 einen VW Touran von der Beklagten, der mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 mit unzulässiger Abschalteinrichtung zur Minderung des Stickoxidausstoßes ausgestattet war. Hierüber informierte die Beklagte die breite Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen in der Zeit von September 2015 bis Mitte Oktober 2015. Mit seiner im Jahre 2019 eingereichten Klage hat der Kläger von der Volkswagen AG Ersatz des gezahlten Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen in Höhe von letztlich 24.386,46 € Zug um Zug gegen Rückgabe des mangelhaften Fahrzeugs verlangt. Die Beklagte hatte Klageabweisung beantragt und die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht Stuttgart hatte der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wurde das Urteil vom OLG Stuttgart aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassen Revision zum BGH blieb schlussendlich für den Kläger ohne Erfolg, da der Kläger unstreitig bereits im Jahre 2015 nicht nur Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal allgemein gehabt habe, sondern auch unstreitig von der Betroffenheit seines Dieselfahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerung. Bereits diese Kenntnis hätte ausgereicht, ein schuldhaftes Fehlverhalten der Volkswagen AG naheliegend erscheinen zu lassen, mit der Möglichkeit, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, die einen Schadensersatz-anspruch auslösenden Umstände nicht sicher nachweisen zu können. Auch mit Blick auf rechtliche Unsicherheiten gelte jedenfalls der allgemeine Grundsatz, dass eine Klageerhebung dann zumutbar ist, wenn bei verständiger Würdigung hinreichende Erfolgsaussichten hierfür bestehen. Nicht erforderlich sei hingegen, dass eine Rechtsverfolgung risikolos möglich ist. Sei es dem Kläger mithin bereits in 2015 zumutbar gewesen, Klage gegen die Volkswagen AG zu erheben, ist der Schadensersatzanspruch des Klägers spätestens mit Ablauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist gem. §§ 195, 199  Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 31.12.2018 verjährt.

Transportkosten zur Werkstatt des Verkäufers

Der Kläger erwarb am 12.07.2019 von seinem Autohändler für 7.900,00 € einen gebrauchten BMW X3. Während eines Türkeiurlaubes erlitt das Fahrzeug 10 Tage später einen kapitalen Motorschaden. Der Beklagte erklärte zwar sofort seine Bereitschaft zur Reparatur des Fahrzeugs, lehnte jedoch die Übernahme der Kosten einer Überführung des Fahrzeugs von der Türkei nach Saarbrücken ab unter Hinweis darauf, dass für ihn eine Belastung mit weltweiten Rückführungskosten unzumutbar sei. Für den Austausch des zerstörten Motors wurden dem Kläger 208,48 € in Rechnung gestellt. Mit seiner daraufhin eingereichten Klage forderte der Kläger die Rückerstattung der für den Motortausch bezahlten 208,48 € nebst aufgewendeten Transportkosten für das Fahrzeug i.H.v. verauslagten 2.354,31 € sowie vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Rückerstattung der 208,43 € nebst anteiliger Rechtsanwaltskosten stattgegeben, die Erstattung der Transportkosten jedoch mit der Begründung abgelehnt, der Kläger hätte in Anbetracht der Höhe der Transportkosten sein Fahrzeug in der Türkei vor Ort reparieren lassen und die hierfür erforderlichen Kosten als Schadensersatz geltend machen müssen. Auf die Berufung des Klägers wurde der beklagte Autohändler jedoch zu vollem Schadenersatz verurteilt. Da der Kläger das Angebot des Beklagten, das Fahrzeug in seiner Werkstatt zu untersuchen und zu reparieren angenommen hatte, war der Verkäufer nach § 439 Abs. 2 BGB auch zur Übernahme der anfallenden Transportkosten verpflichtet. Die mit der Nacherfüllung verbundenen Aufwendungen waren für den Autohändler auch nicht unverhältnismäßig hoch oder hätten diesen unangemessen belastet, da die mit 5.125,25 € bezifferten Instandsetzungskosten des Fahrzeugs von einer Garantieversicherung getragen wurden und im Übrigen auch unter Einbeziehung der Kosten für einen Austauschmotor der Wert des Fahrzeugs in mangelfreiem Zustand von bezahlten 7.900,00 € nicht wesentlich überschritten worden wäre (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 22.01.2021 – 13 S 130/20).

Erstattung von Corona-Desinfektionskosten

Die Klägerin ließ ihr am 25.08.2020 verunfalltes Fahrzeug nach vorheriger Begutachtung durch einen Sachverständigen von einer Vertragswerkstatt fachgerecht reparieren. Im Reparaturgutachten waren Kostenpositionen für Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus in Höhe von zusammen 136,40 € netto ausgewiesen. Die Beklagte regulierte den Unfallschaden zwar vollständig, lehnte jedoch die Übernahme der Kosten für „COVID-19 Schutzmaßnahmen“ unter Hinweis darauf ab, dass evident erkenn-bar sei, dass es sich hierbei nicht um erforderliche Kosten für die Reparatur eines Unfallschadens handele sondern um allgemeinen Aufwand des Arbeitsschutzes, den der Werkstattunternehmer im Rahmen seiner Fürsorgepflicht  und dem Werkstattrisiko zu tragen habe und den Kunden daher nicht gesondert in Rechnung stellen könne. Diese Kosten seien gerade nicht adäquat kausal durch das Schadensereignis verursacht worden und im Übrigen auch weit überhöht. Mit ihrer daraufhin eingereichten Klage forderte die Klägerin die Rückerstattung im Rechnungsbetrag enthaltener und von ihr bezahlter 157,99 € brutto. Das Amtsgericht Hamburg hat der Klage mit Urteil vom 07.04.2021 in vollem Umfang stattgegeben, da die Klägerin aufgrund des Schadengutachtens davon ausgehen durfte, dass die ihr berechneten Desinfektionskosten zur Beseitigung des Schadens erforderlich und notwendig im Sinne des § 249 BGB und damit auch als im Zusammenhang mit der Reparatur stehend anzusehen seien. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hin wurde das Urteil vom Landgericht Hamburg dahingehend abgeändert, dass lediglich Fahrzeugdesinfektionskosten in Höhe von 33,18 € erforderlich seien. Zwar sei die Beklagte grundsätzlich verpflichtet, alle zur Wieder-herstellung objektiv erforderlichen Kosten der Reparatur nach Gutachtenvorgabe zu übernehmen, mithin auch erforderliche und gebotene Desinfektionskosten, der Geschädigte kann im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Bei einer Plausibilitätskontrolle der notwendigen Tätigkeiten und Materialien zur Fahrzeugdesinfektion mit Besprühen und Abwischen von Desinfektionsmittel auf Kontaktflächen innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs sowie des erforderlichen Material- und Zeiteinsatzes einer ungelernten Aushilfskraft hält die Kammer im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO als Aufwand eine Dauer von fünf Minuten, was einem Arbeitswert je Durchführung oder 15,43 € brutto entspricht, für erforderlich und angemessen. Hinzu komme ein Materialeinsatz für Desinfektionsmittel, Reinigungstücher, Einmalhandschuhen und Schutzmaske von im Rahmen einer Massenbestellung mit Rabattgewährung geschätzten weiteren 1,16 € brutto. Insgesamt ergäben sich damit die ausgeurteilten 33,18 € (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 21.10.2021 – 323 S 14/21).

Alleinhaftung eines eine Bundesstraße bei Dunkelheit und Starkregen überquerenden Fußgängers

Der 77-jährige Geschädigte wollte Anfang Oktober 2011 die an einer Kleingartensiedlung vorbeiführende Bundesstraße bei Dunkelheit und Starkregen zu Fuß überqueren und wurde hierbei vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und erheblich verletzt. Die Klage seiner Krankenversicherung auf Ersatz von 70 % der unfallbedingt angefallenen Heilbehandlungs- und Pflegekosten hatte jedoch in beiden Instanzen keinen Erfolg und wurde abgewiesen. Das OLG Jena führte hierzu in seinen Entscheidungsgründen aus, dass das Mitverschulden des Geschädigten hierbei so erheblich sei, dass selbst die Betriebsgefahr des Fahrzeugs völlig zurücktritt und kein Haftungsanteil verbleibt. Wer bei Dunkelheit und Starkregen versucht, mit dunkler Bekleidung eine vielbefahrene Bundesstraße an einer unbeleuchteten Stelle zu überqueren, handelt derart grob fahrlässig, dass eine Mithaftung der übrigen Verkehrsteilnehmer de facto dadurch ausgeschlossen wird. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste, der Handelnde die Gefahr als solche erkennen kann und den Eintritt des schädigenden Ereignisses daher vermeiden musste und auch konnte. Wäre der Weg bis zum nächsten Fußgängerüberweg fortgesetzt oder zumindest ein Nachlassen des Verkehrs an gut beleuchteter Stelle abgewartet worden, um die Bundesstraße sicher überqueren zu können, hätte damit die Entstehung der Gefahr und der Eintritt des schädigenden Ereignisses ohne weiteres mit Sicherheit vermieden werden können. Stellt der Geschädigte derart naheliegende Überlegungen nicht an oder verschließt sich diesen, können Dritte für die daraus resultierenden Unfallfolgen nicht haftbar gemacht werden (vgl. OLG Jena, Urt. v. 01.12.2020 – 5 U 134/19).

Neue Fahrverbote ab dem 28.04.2020 wohl unwirksam

Der verschärfte Bußgeldkatalog der StVO vom April 2020 ist wegen eines Formfehlers hinsichtlich verschiedener Fahrverbotsverschärfungen nichtig und gelangt daher in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern diesbezüglich derzeit nicht mehr zur Anwendung, da die erforderliche Ermächtigungsgrundlage nicht korrekt zitiert ist. Daher gilt in Baden Württemberg bezüglich nachfolgender Fahrverbote die vor dem 28.04.2020 geltende Rechtslage der alten Bußgeldkatalogver-ordnung fort:

– Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen 21 km/h und 30 km/h innerorts
– Geschwindigkeitsüberschreitungen zwischen 26 km/h und 40 km/h außerorts
– Nichtbilden einer Rettungsgasse bei Stau
– Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte
– Gefährliches Abbiegen

Allerdings können diese Tatbestände weiterhin durch ein Bußgeld geahndet werden, lediglich die Verhängung eines zusätzlichen Fahrverbotes ist nach Meinung der Verkehrsexperten unzulässig.

Sind Sie von obigen Bußgeldtatbeständen nach dem 27.04.2020 betroffen und sollen diese mit einem Fahrverbot zusätzlich geahndet werden, legen Sie gegen den Bußgeldbesscheid innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung auf jeden Fall Einspruch ein oder nehmen am Besten gleich anwaltliche Hilfe hierfür in Anspruch. Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung wäre in diesen Fällen ebenfalls eine sinnvolle Investition.

Pedelec ist kein Kraftfahrzeug

Mit einem Hinweisbeschluss des OLG Karlsruhe vom 14.07.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20 stellt der Senat nach einer vorläufigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage klar, dass handelsübliche „Pedelecs“ mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrecht gem. § 1 Abs. 3 StVG sind und bestätigt damit vorläufig die erfolgten Freisprüche des Amtsgerichts Staufen und des Landgerichts Freiburg wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB bei einer festgestellten Blutalkoholkonzentration des Pedelecfahrers von nicht nur unerheblichen 1,59 Promille, da es derzeit noch kein gesichertes naturwissenschaftlich-medizinisches Erfahrungswissen dahingehend gebe, dass Pedelec-Fahrer bereits unterhalb des für Radfahrer geltenden Grenzwerts von 1,6 Promille im Blut absolut fahruntüchtig seien. Solche Untersuchungen lägen derzeit noch nicht vor.

Fußgängerfurt den Fußgängern

Alleinige Haftung des Radfahrers auf einer Fußgängerfurt

Das Landgericht Frankfurt / Oder hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Haftungsquote bei einem Unfall auf einer Fußgängerfurt auszuwerfen ist (vgl. LG Frankfurt / Oder, Urt. v. 20.03.2015 – 11 O 86/13).

Die Klägerin wurde durch einem am 24.08.2010 gegen 13:20 Uhr erlittenen Verkehrsunfall beim Überqueren einer Fußgängerfurt – ohne vom Fahrrad abzusteigen – schwer verletzt und zog sich eine proximale Unterschenkelfraktur links mit Trümmerfraktur des Schienbeinkopfes und Mehrfachfraktur des Fibulakopfes zu. Nach einmonatiger stationärer Behandlung wurde ihr eine Knieprothese eingesetzt, jedoch klagte sie weiterhin über erhebliche Schmerzen im Wirbelsäulen-bereich, über linksseitige Durchblutungsstörungen sowie Taubheitsgefühle in der Hand aufgrund des ständigen Gebrauchs einer Gehhilfe. Unter Berücksichtigung einer 20 %igen Mithaftungsquote forderte sie von der Haftpflichtversicherung des PKW-Fahrers ein Schmerzensgeld von 9.600,00 € sowie den Zeitwert für das beschädigte sechs bis acht Jahre alte Fahrrad nebst Unkostenpauschale in Höhe von anteiligen 180,00 €.

Das Landgericht wies die Schadensersatz – und Schmerzensgeldklage in Gänze mit der Begründung ab, dass sich die Klägerin ihrerseits einen gewichtigen Verstoß gegen § 1 StVO vorwerfen lassen müsse. Als Radfahrerin hätte sie auf einer Fußgängerfurt nichts zu suchen. Sie hätte absteigen und ihr Fahrrad schieben müssen. Ihre Fahrweise sei im besonderen Maße gefahrenträchtig gewesen, weil sie wegen der erheblich höheren Geschwindigkeit im Vergleich zu Fußgängern, die zum Überqueren ansetzen mochten, für den Kraftfahrer überraschend auftauchen und dessen Reaktionsvermögen überfordern könne. Genau dieses Risiko habe sich im vorliegenden Fall auch verwirklicht, denn der Fahrzeuglenker sei zu spät auf die Klägerin aufmerksam geworden. Auch sei eine Überschreitung der im Unfallbereich zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h nicht nachweisbar.

Ist das Maß der Verursachung und des Verschuldens auf der einen Seite so groß, dass demgegenüber die von der anderen Partei zu verantwortende Mitverursachung nicht ins Gewicht fällt, so könne der Schaden allein der einen Partei, hier der Fahrradfahrerin, auferlegt werden. Im Ergebnis sind auf Fußgängerfurten eben nur Fußgänger geschützt.

Keine Anerkennung eines polnischen Führerscheins

Keine Anerkennung einer vor Ablauf der Sperrfrist erworbenen EU-Fahrerlaubnis

Der Europäische Gerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine noch vor Rechtskraft eines Urteils und damit noch vor Beginn einer Sperrfrist erworbene EU-Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik anzuerkennen ist (vgl. EuGH, Urt. v. 21.05.2015 – C-339/14).

Anlässlich einer Verkehrskontrolle in der Bundesrepublik am 16.05.2013 legte der Angeklagte, ein deutscher Staatsangehöriger, einen Unionsführerschein vor, der ihm von einer polnischen Behörde am 14.09.2005 ausgestellt worden war. Der Angeklagte war in der Vergangenheit bereits elf Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden, da ihm seine deutsche Fahrerlaubnis bereits im Jahre 2001 entzogen und später in Deutschland keine Fahrerlaubnis mehr erteilt worden war. Vor Erwerb des polnischen Führerscheins hatte der Angeklagte bei einer Verkehrskontrolle am 01.12.2004 einen gefälschten tschechischen Führerschein vorgelegt. Das AG Lindau hatte ihn deswegen am 18.07.2005 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und eine isolierte Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von einem Jahr angeordnet. Das Urteil wurde jedoch erst am 14.07.2006 rechtskräftig, als 10 Monate nach Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis. Nach dem Strafgesetzbuch beginnt eine Sperrfrist erst mit Rechtskraft des Strafurteils zu laufen, endete also ein Jahr später am 14.07.2007.

Das AG Ansbach verurteilte den Angeklagten am 23.01.2014 wegen seiner letzten Schwarzfahrt nunmehr zum zwölften Mal neuerlich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und bestätigte damit die Auffassung der deutschen Behörden. Das im Revisionsverfahren zuständige OLG Nürnberg hatte Zweifel, ob es die vor Rechtskraft erworbene polnische Fahrerlaubnis nicht doch anzuerkennen habe und hat diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Im Ergebnis hält es der EuGH für ausreichend, dass der Sachverhalt, der zur Sperrfrist führt, mit Urteil vom 01.12.2004 – wenn auch noch nicht rechtskräftig – bereits festgestellt ist. Einem von da an bis zum Ablauf der Sperrfrist 14.07.2007 von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein ist die Anerkennung der Gültigkeit in der Bundesrepublik zurecht zu versagen. Führerscheintourismus lohnt sich also doch nicht!

Neuerungen im Führerscheinrecht ab 2013

Ab dem 19.01.2013 sind infolge der 3. EU-Führerschein-Richtlinie Änderungen im Fahrerlaubnisrecht eingetreten. Unter anderem wird die Fahrerlaubnis bei Neuerteilung und Umschreibung nur noch auf höchstens 15 Jahre befristet erteilt. Zwar gilt für Altinhaber eine Bestandsschutzregelung, jedoch bleiben Führerscheine, die vor dem 19.01.2013 ausgestellt werden nur bis einschließlich 18.01.2033 gültig. Derzeit ist vorgesehen, dass nach Fristablauf die Führerscheindokumente nur verwaltungsmäßig umgetauscht werden, jedoch der Umtausch mit keiner ärztlichen Untersuchung verbunden sein soll. Ausgenommen hiervon sind die Regelungen für Berufskraftfahrer. Lkw- und Busführerscheine werden grundsätzlich bis zum 50. Lebensjahr beschränkt. Danach ist alle 5 Jahre eine ärztliche Untersuchung zur Fahreignung, Leistungsfähigkeit und Sehvermögen erforderlich. Ist die Fahrerlaubnis einmal entzogen, so erlischt die ursprüngliche Fahrberechtigung vollständig. Bei Neuerteilung nach Ablauf der festgelegten Sperrfrist ist darauf zu achten, dass sämtliche vormals gültigen Führerscheinklassen beantragt werden. Wem z. B. der Führerschein der Klasse 3 entzogen worden ist, dem wird im Rahmen der Neuerteilung auf Antrag ausser der Klasse B auch die Klasse BE, C1, C1E und CE 79 sowie die Klasse A1 (bei Erwerb der Klasse 3 vor dem 01.04.1980) erteilt. Die Regelung, dass bei einem freiwilligem Verzicht oder der Entziehung der Fahrerlaubnis von mehr als 2 Jahren eine neue Fahrerlaubnisprüfung zwingend vorzulegen ist, wurde bereits Ende 2008 gestrichen. Eine Fahrerlaubnisprüfung kann nunmehr nur noch dann angeordnet werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 FeV erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Hierbei hat die Führerscheinbehörde wohl ein weites Ermessen.

Keine Streupflicht nachts außerorts

Nach einem Urteil des OLG Frankfurt vom 09.08.2012, Az. U 222/11, müssen Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften auch nachts an besonders gefährlichen Stellen grundsätzlich nicht gestreut werden. Der Kläger verunfallte am 10.02.2004 gegen 03:55 Uhr mit seinem Pkw auf der Fahrt von seiner Arbeitsstätte nach Hause auf einer spiegelglatten Ortsverbindungsstraße. Er geriet in einem Abschnitt mit Gefälle auf die Gegenfahrbahn und kollidierte dort mit einem anderen Pkw. Hierbei wurde der Kläger schwer verletzt und nahm anfänglich seinen Unfallgegner auf Schadenersatz in Anspruch. Dieser Rechtsstreit wurde nach Jahren vergleichsweise beendet. Mit der im Dezember 2010 erhobenen Klage beanspruchte er weiteren Schadenersatz von der Stadt mit der Begründung, dass diese die ihr für die Straße obliegende Räum- und Streupflicht verletzt habe. Angesichts der Absehbarkeit einer Eisglätte und der Gefährlichkeit der streitgegenständlichen Gefällstrecke hätte die Beklagte diese streuen oder sperren müssen. Die Klage blieb jedoch durch die Instanzen erfolglos. In seinen Entscheidungsgründen führt das OLG Frankfurt hierzu aus, dass nach der ständigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat hier folgt, außerorts nur an besonders gefährlichen Straßenstellen zu streuen sei, dies grundsätzlich nicht zur Nachtzeit, sondern so, dass der Hauptverkehr einschließlich des morgendlichen Hauptberufsverkehrs gesichert werde; eine ausnahmsweise Streupflicht zur Nachtzeit ist allenfalls in Extremfällen denkbar, etwa bei nächtlichem Ende einer Großveranstaltung mit einem absehbaren völligen Zusammenbruchs des Kraftfahrzeugverkehrs. Nach diesen gesicherten Grundsätzen bestand zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls keine Streupflicht der Beklagten. Eine besondere Gefährlichkeit der Unfallstelle lässt sich nicht allein daraus herleiten, dass diese in einer Gefällstrecke liegt, denn dies ist für jeden Verkehrsteilnehmer erkennbar und durch eine Ermäßigung der Geschwindigkeit grundsätzlich beherrschbar. Jedenfalls ereignete sich der Unfall um 3:55 Uhr zu einer Zeit, als an der außerorts gelegenen Unfallstelle nicht gestreut sein musste. Ganz besondere Umstände im oben gegebenen Sinne fehlen. Die Absehbarkeit einer Glättebildung reicht hierfür nicht aus, handelt es sich hierbei im Winter doch eher um einen gewöhnlichen, denn um einen besonderen Umstand. Abgesehen davon sei der Kläger auch für die konkrete Vorhersehbarkeit einer Eisglätte beweisfällig geblieben und darüber hinaus sei sein Anspruch bereits zum Ende des Jahres 2007 der Verjährungseinrede unterworfen. Zwar habe der Kläger der Beklagten rechtzeitig den Streit verkündet, jedoch könne dies die Verjährung nicht hemmen, weil die Streitverkündung unzulässig war. Dies ist insbesondere bereits dann der Fall, wenn schon bei ihrer Erklärung klar ist, dass der Streitverkündungsempfänger nicht alternativ, sondern nur kumulativ hafte. So liege der Fall hier. Die Beklagte hafte nicht nur subsidiär nach § 839 Abs. 1 Satz. 2 BGB. Das Verweisungsprivileg sei bei der Verletzung einer öffentlich-rechtlich ausgestalteten Verkehrssicherungspflicht nicht anwendbar. Eben so wenig stelle sich hier die Frage eines Mitverschuldens, sodass der Kläger die Beklagte hier nicht auf Schadenersatz aus Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch nehmen könne

Mietwagen ohne Winterreifen

Ist ein Mietfahrzeug nicht mit Winterreifen ausgestattet und ist dies im Mietvertrag auch ausdrücklich angeführt und lagen im Zeitpunkt der Anmietung keine winterlichen Witterungsbedingungen vor, so trifft den Kfz-Vermieter grundsätzlich kein Mitverschulden, wenn das Kfz kurze Zeit später bei dann vorliegender Schneeglätte verunfallt und zu Schaden kommt. Der Beklagte hatte von der Klägerin am 21.11.2008 bei normalen Witterungs- und Straßenverhältnissen einen Leihwagen angemietet, der ausweislich eines Hinweises im Mietvertrag ausschließlich mit Sommerreifen versehen war. Tags darauf kam es zu einem unerwarteten Wintereinbruch, in dessen Folge das Fahrzeug dann bei vorliegender Schneeglätte verunfallte.

Sowohl das Landgericht als auch das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 03.07.2012, Az. 19 U 151/11 ging davon aus, dass der Beklagte für die Beschädigungen des Mietfahrzeuges aus §§ 535, 280 Abs. 1 BGB in vollem Umfange hafte, da er seine Pflicht zur Rückgabe der Mietsache in ordnungsgemäßen Zustand verletzt habe. Ein Mitverschulden der Klägerin könne der Beklagte auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass das Fahrzeug nicht mit Sommerreifen ausgestattet war. Sowohl die Reservierung als auch der Mietvertrag bezögen sich ausdrücklich auf ein Fahrzeug ohne wintertaugliche Bereifung. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgeht, dass der Kunde einer gewerblichen Autovermietung nach Treu und Glauben darauf vertrauen kann, dass das ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug bei winterlichen Verhältnissen mit Winterreifen ausgestattet ist, so verhilft auch dies der Berufung des Beklagten nicht zum Erfolg, denn zum Zeitpunkt der Anmietung des streitgegenständlichen Fahrzeugs lagen unstreitig keine Witterungsbedingungen vor, die eine Winterausrüstung nach § 2 StVO in alter oder neuer Fassung erforderlich gemacht hätten. Zum Zeitpunkt der Anmietung am 21.11.2008 um 12:16 Uhr lagen weder Eis noch Schnee oder Matsch vor. Auch herrschte kalendarisch noch kein Winter. Die Anforderungen an eine nach dem Vertrag zu erwartende Fahrzeugausstattungen würden auch ersichtlich überspannt, lege man der Autovermietung unabhängig von der Jahreszeit die Pflicht auf, die Wetterprognose ggf. sogar abgestimmt auf das Fahrziel des Kunden – das dann ebenfalls erfragt werden müsste – im Auge zu behalten.

In dieser Situation treffe vielmehr vorrangig den Fahrer die Pflicht, an die Straßenverhältnisse angepasst zu fahren und auf die richtige Bereifung zu achten. Da sich der Unfall hier erst nach erneutem Fahrtantritt am 22.11.2008 bei dann winterlichen Straßenverhältnissen ereignete, kann eine eventuell schadensursächliche falsche Bereifung nicht der Klägerin respektive der Vermieterin zugerechnet werden. Jedenfalls träte ein etwaiges Versäumnis der Klägerin vollständig hinter das des Beklagten als Fahrzeugführer zurück.

Kein Nutzungsausfall für fahrbereites KFZ

Wird ein beschädigtes Fahrzeug nach einem Unfall in eine Reparaturwerkstätte verbracht und erst 80 Tage danach repariert, so besteht kein Nutzungsausfallanspruch des Geschädigten, wenn das Fahrzeug nach dem Unfall trotz der entstandenen Schäden noch fahrbereit gewesen war. Das Fahrzeug der Klägerin wurde von einem zu diesem Zeitpunkt 11-jährigen Beklagten mit einer Steinschleuder beschossen, wodurch in Höhe der rechten hinteren Fahrzeugtüre ein Schaden in Höhe von 788,26 € brutto entstand. Aufgrund einer Weisung der Privathaftpflichtversicherung des Beklagten verbrachte die Klägerin daraufhin ihr Fahrzeug am 01.07.2010 zur Begutachtung in die genannte Werkstatt. Letztendlich wurde das Fahrzeug dort repariert und der Klägerin am 18.09.2010 wieder ausgehändigt. Die Klägerin erhielt von der Haftpflichtversicherung des Beklagten für die Dauer der Reparatur von angefallenen drei Tagen sowie einer Bedenkzeit von zwei Tagen einen Nutzungsausfall in Höhe von insgesamt 215,00 € (5 x 43,00 €). Das AG Brühl wies mit seinem Urteil vom 03.08.2011, Az. 20 C 179/11, die Klage der Geschädigten auf weiteren Nutzungsausfall für insgesamt 80 Tage mit der Begründung ab, dass ein Vermögensschaden fehle, solange die Geschädigte nicht tatsächlich auf die Nutzung ihres Fahrzeugs verzichten müsse, weil dieses trotz der Beschädigungen fahrbereit war oder irrig als fahrbereit angesehen und benutzt wurde. Die Klägerin hätte das Fahrzeug durchaus nach einer zeitnah erfolgten ersten Begutachtung zunächst unrepariert weiter nutzen und erst nach erfolgter Reparaturfreigabe durch die Haftpflichtversicherung des Beklagten reparieren lassen können. Auf diese Art und Weise hätte der – ohnehin bereits dokumentierte – Schaden jederzeit erneut begutachtet werden können, sodass diese Vorgehensweise für die Klägerin mit keinerlei Risiko verbunden gewesen wäre. Mit ihrer für das Gericht unverständlichen Vorgehensweise, das Fahrzeug während des gesamten Zeitraums in der Werkstatt zu belassen, habe die Klägerin massiv gegen ihre aus § 254 Abs. 2 BGB resultierende Schadensminderungspflicht verstoßen. Im Übrigen könne man, auch wenn der Geschädigte das Fahrzeug angesichts eines solch langen Zeitraums nicht benötige, Zweifel an einem tatsächlichen Nutzungswillen nicht gänzlich ausschließen. Aus den genannten Gründen käme daher ein über die bisherige Regulierung hinausgehender Nutzungsausfallanspruch nicht mehr in Betracht.

Steinschlag in der Frontscheibe

Wenn ein Stein nachweislich in Folge der Fahrt des vorausfahrenden Kfz in Bewegung gesetzt wurde und dieser sodann beim Auftreffen die Frontscheibe des nachfolgenden Fahrzeugs beschädigt hat, so sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Gefährdungshaftung des vorausfahrenden Lkw nach § 7 Abs. 1 StVG nach einem richtungsweisenden Urteil des LG Heidelberg vom 21.10.2011, Az. 5 S 30/11, erfüllt. Die Klägerin machte Schadenersatzansprüche wegen eines Steinschlagschadens vom 31.03.2010 in der Frontscheibe ihres Pkw geltend. Sie behauptete, die Scheibe sei von einem Stein beschädigt worden, der sich von der Ladung des Lkw der Beklagten Ziff. 1 gelöst habe. Der Lkw hatte Sand, Kies oder Bauschutt, jedenfalls Steine, geladen. Die Schadensersatzklage der geschädigten Pkw-Lenkerin über einen entstandenen Reparaturschaden in Höhe von 774,00 € wurde vom Amtsgericht anfänglich mit der Begründung abgewiesen, dass es der Geschädigten in einem solchen Falle obliege, die genaue Art und Weise der Schadenverursachung darzulegen und im Bestreitensfalle auch zu beweisen. Dass mit der Berufung in der Folge befasste Landgericht Heidelberg sah dies jedoch anders und verurteilte den Beklagten zu Schadenersatz in voller Höhe. Nach Ansicht der Richter reiche es aus, wenn als Grundlage für eine Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG ein Kausalzusammenhang zwischen Betrieb des Kfz und Schaden nachgewiesen sei. Inhalt, Grundgedanke und Zweck der Gefährdungshaftung nach §§ 7, 17 StVG sei gerade, dass es für eine Haftung aus Betriebsgefahr ausreiche, dass ein Schaden kausal auf den Betrieb eines Kfz beruhe. Nach nochmaliger Anhörung der Beifahrerin, der Tochter der Klägerin, ist die Kammer sodann im Rahmen des § 286 ZPO der Überzeugung, dass der Schlag und das Loch von einem auf die Frontscheibe des klägerischen Pkw aufgetroffenen Steins herrührte, welcher in Folge der Fahrt des Lkw der Beklagten Ziff. 1 in Bewegung gesetzt und in den Luftraum über der Straße befördert wurde. Dies sei bewiesen durch die Angaben der Zeugin, dass ein Schlag zu vernehmen war und anschließend ein Loch sich in der Scheibe zeigte. Dies sei der eindeutige Ablauf eines Steinschlages. Eine andere Ursache als der in fahrtbefindliche Lkw der Beklagten Ziff. 1, von welcher der Stein herrühren könnte, ist weder aufgezeigt, noch ersichtlich. Die Haftung der Beklagten ist auch nicht nach § 17 Abs. 2, 3 StVG ausgeschlossen. Die Beklagte habe nicht beweisen können, dass der Schaden durch ein unabwendbares Ereignis verursacht ist. Ein solches wäre zwar anzunehmen, wenn ein auf der Straße liegender Stein von den Rädern des Lkw der Beklagten Ziff. 1 aufgewirbelt wurde. Nach den verständlichen und überzeugenden Darlegungen des Sachverständen kann ein Steinschlagschaden der hier vorliegenden Art sowohl durch einen von der Straße aufgewirbelten als auch durch einen von der Ladefläche des Lkw herabfallenden Stein verursacht worden sein. Da die für eine exakte Rekonstruktion maßgeblichen Einzelheiten jedoch zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar sind, lässt sich eine Verursachung durch einen von der Ladefläche herabfallenden Stein jedenfalls nicht ausschließen, zumal nach den Feststellungen des Amtsgerichts bereits bindend festgestellt war, dass der Fahrer des Lkw die Ladung nach § 22 Abs. 1 StVO nicht gegen Herabfallen durch eine am Lkw vorhandene Plane gesichert hatte. Für die Klägerin hingegen war der Unfall ein unabwendbares Ereignis. Dem in Sekundenbruchteilen eintretenden Steinschlag konnte die Klägerin ersichtlich weder ausweichen noch vorbeugen, sodass eine Mithaftung der Klägerin wegen der Betriebsgefahr ihres eigenen Pkw damit nicht gegeben ist und durch den Vorfall hier ein ersatzfähiger Schaden in zuerkannter Höhe entstanden ist.

Kein Unternehmerpfandrecht an Oldtimer

Der PKW-Eigentümer kann vom Werkstattinhaber Herausgabe seines Fahrzeuges gem. § 985 BGB verlangen, wenn ein Dritter, z. B. der Ehepartner des Eigentümers, den Reparaturauftrag in eigenem Namen erteilt hat. Die Klägerin war unstreitig Eigentümerin eines Oldtimers der Marke Riley. Der Ehemann der Klägerin verbrachte das Fahrzeug zum Beklagten und beauftragte diesen, am Fahrzeug vorhandene Lack- und Rostschäden auszubessern. Der Beklagte nahm daraufhin vorbereitende Arbeiten am Fahrzeug vor und übersandte dem Ehemann der Klägerin einen Kostenvoranschlag, auf den die in Auftrag gegebenen Arbeiten – anders als in einem früheren Kostenvoranschlag – mit „Verkaufsreparaturlackierung ohne Garantie“ beschrieben war.

Hierauf teilte der Ehemann der Klägerin mit, dass er mit einer minderwertigen Verkaufslackierung nicht einverstanden sei und diese nicht dem erteilten Auftrag entspräche und er die Umsetzung des Auftrages wie ursprünglich besprochen erwarte. Daraufhin erklärte der Beklagte, dass er nunmehr von einer weiteren Bearbeitung des Fahrzeugs Abstand nehme und für die bislang geleisteten Arbeiten einen Betrag in Höhe von 1.266,83 € in Rechnung stelle. Vor Bezahlung dieses Betrages sei er nicht verpflichtet, das Fahrzeug weder an die Klägerin noch an deren Ehemann herauszugeben. Das LG Konstanz hatte den Beklagten verurteilt, den Oldtimer, Bj. 1948, Zug um Zug gegen Bezahlung von 1.266,83 € an die Klägerin herauszugeben.

Auf deren Berufung hin wurde das Urteil vom OLG Karlsruhe dahingehend abgeändert, dass die Herausgabe des Fahrzeuges ohne eine Bezahlung der Rechnung des Beklagten zu erfolgen habe (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.02.2012, Az. 9 U 168/11). Die Richter des OLG waren der Ansicht, dass der Beklagte dem Herausgabeanspruch der Klägerin keine Gegenrechte entgegenhalten könne.

Ein Unternehmerpfandrecht nach § 647 BGB könne der Beklagte nach dem Wortlaut des Gesetzes nur an einer Sache des Bestellers erlangen. Besteller des Reparaturauftrages war jedoch unstreitig nicht die Klägerin, sondern deren Ehemann. Da sich das Fahrzeug im Eigentum der Klägerin befände, komme ein Pfandrecht nicht in Betracht. Auch ein Zurückbehaltungsrecht, das erstinstanzlich zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung geführt habe, stehe dem Beklagten aus den gleichen Gründen nicht zu, da auch ein Zurückbehaltungsrecht einen vertraglichen Anspruch gegen die Klägerin voraussetze, der hier ersichtlich unstreitig nicht gegeben sei. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB könne dem Beklagten hier nicht weiterhelfen, denn ein unredliches Verhalten der Klägerin sei nicht ersichtlich, da eine Täuschung des Beklagten hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug nicht vorgelegen habe. Auch ein Anspruch des Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB liege hier nicht vor, da die Leistungen des Beklagten aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit dem Ehemann der Klägerin erbracht wurden. Aus den gleichen Gründen stehe dem Beklagten auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen möglicher Ansprüche aus nützlicher oder notwendiger Verwendung nicht zu. Bei Erbringung der von dem Beklagten vorgetragenen Arbeiten an dem Fahrzeug bestand keine sog. Vindikationslage, d. h. der Beklagte war kein nichtberechtigter Fremdbesitzer. Bevor das Fahrzeug heraus verlangt wurde, war der Beklagte jedenfalls im Rahmen des erteilten Reparaturauftrages zum Besitz berechtigt. Daher kann er ein Entgelt oder einen Wertersatz für die erbrachten Arbeiten nur im Rahmen des abgeschlossenen Werkvertrages vom Ehemann der Klägerin verlangen, für den er die Leistungen ersichtlich erbracht hat und nicht von der Klägerin selbst.

Im Ergebnis hat der Werkstattinhaber daher den wertvollen Oldtimer an den tatsächlichen Eigentümer ersatzlos herauszugeben und muss sich hinsichtlich angefallener Reparaturkosten ausschließlich an seinen Auftraggeber und Vertragspartner halten. Die Geltendmachung eines Unternehmerpfandrechts setzt daher zwingend voraus, dass Eigentümer des Fahrzeugs und Auftraggeber der Reparaturleistungen identisch sind.

Faktische Helmpflicht für Skifahrer

Wird ein auf der Ski-Piste anhaltender Skifahrer an einer gut einsehbaren Stelle durch einen mit hoher Geschwindigkeit fahrenden und aufgrund verkanteter Ski stürzenden Skifahrers umgefahren und zieht sich hierbei schwere Verletzungen am Kopf zu, die durch das Tragen eines Skihelms vermeidbar gewesen wären, dann muss sich der Verletzte jedenfalls eine Mitverschuldensquote in Höhe von 50 % zurechnen lassen. So jedenfalls sahen es die Richter des OLG München in einem Urteil vom 22.03.2012, Az. 8 U 3652/11. Geklagte hatte hier der Träger der Krankheitskosten aus übergegangenem Recht und verlangte vom Schädiger bzw. der dahinter stehenden Privathaftpflichtversicherung Ersatz der aufgewendeten Heilbehandlungskosten. Das Landgericht München II verurteilte den Beklagten auf Schadensersatz in voller Höhe, da den herkömmlichen Freizeitskifahrer, der das Skifahren nur hobbymäßig und nicht mit besonderer sportlicher Ambition betreibe, keine Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelmes treffe, zumal zum Unfallzeitpunkt keine Helmpflicht für Skifahrer bestanden habe und beim Freizeitskifahrer nicht das Erzielen hoher Geschwindigkeiten im Vordergrund stehe. Dies sahen die Richter des OLG München aus eigener Anschauung wohl anders und änderten das Urteil des LG München dahingehend ab, dass der Beklagte nur zur Zahlung der Hälfte der geltend gemachten Forderung verurteilt wurde. Nach eigener Wahrnehmung des Senats hätten sich auf den Pisten sowohl die Anzahl der Skifahrer, wie auch die dort gefahrenen Geschwindigkeiten materialbedingt ständig erhöht. Diesem Umstand trage die Mehrzahl der Skifahrer zwischenzeitlich dadurch Rechnung, dass sie mit Helm unterwegs seien. Hierdurch sei zwischenzeitlich eine Obliegenheit zum Tragen von Helmen entstanden, die es gem. § 254 BGB rechtfertige, auch dem ohne Skihelm fahrenden Hobby-Skifahrer ein Mitverschulden in Höhe von 50 % anzulasten, soweit es jedenfalls um durch das Tragen eines Skihelms vermeidbare Kopfverletzungen gehe. Wegen der veränderten Verhältnisse auf den Skipisten sei das Tragen eines Skihelms zur Vermeidung haftungsrechtlicher Folgen grundsätzlich geboten. Wer dieses Risiko außer Acht lässt und zumutbare Schutzvorkehrungen nicht trifft, müsse und könne auch für die kausalen Unfallfolgen mitverantwortlich gemacht werden.

Teures Parken auf einem Privatgrundstück

Der Kläger hatte Anfang 2010 – trotz eines Hinweisschildes, dass widerrechtlich parkende Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden – seinen Hyundai LS im Wert von 3.000,00 € unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes abgestellt. Die Supermarktbetreiberin, die Kaiser’s Tengelmann AG, ließ das Fahrzeug daraufhin von einem ständig für sie tätigen Abschleppunternehmer beseitigen und trat diesem die ihr zustehenden Schadensersatzansprüche gegen den wilden Parker ab. Vor Herausgabe seines Fahrzeugs sollte der Fahrzeughalter die angefallenen Abschleppkosten über netto 219,50 € begleichen.

Da der Fahrzeughalter hierzu jedoch nicht bereit war, erhob er vor dem Landgericht Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung von nur 150,00 € sowie auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Vorenthaltung des Fahrzeugs in Höhe von weiteren 3.758,00 €. Der BGH wies in seinem Urteil vom 02.12.2011, V ZR 30/11, die Klage – ebenso wie die beiden Vorinstanzen – rundweg ab. In seinen Entscheidungsgründen führte der Senat aus, dass das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem privaten (Kunden-) Parkplatz eine verbotene Eigenmacht im Sinne der §§ 823 Abs. 2, 858 Abs. 1 BGB darstelle, der sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren dürfe, indem er das Fahrzeug abschleppen lasse. Der Kläger sei daher verpflichtet, dem Betreiber des Supermarktes den ihm aus der verbotenen Eigenmacht entstandenen Schaden zu ersetzen. Der erstattungsfähige Schaden sei jedoch auf die Kosten des reinen Abschleppens begrenzt und in Höhe von geltend gemachten netto 219,50 € noch angemessen. Auch stelle das kostenpflichte Abschleppen eines unbefugt auf dem Grundstück des Supermarktbetreibers abgestellten Fahrzeuges keine überraschende oder fernliegende Reaktion des unmittelbaren Besitzers, sondern die Verwirklichung der deutlich sichtbaren Ankündigung auf dem aufgestellten Schild, dar. Diese Schadensfolge liege auch im Schutzbereich der verletzten Norm. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Reaktion auf eine verbotene Eigenmacht das Selbsthilferecht nach § 859 BGB zubilligt, dessen Ausübung mit Kosten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwischen der Verletzung des Schutzgesetzes und der Schadensfolge her. Auch den geforderten Nutzungsausfallschaden musste der Abschleppunternehmer hier nicht begleichen, da ihm gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht am Fahrzeug so lange zustand, bis der Kläger dieses durch entsprechende Sicherheitsleistung oder Zahlung der angefallenen Abschleppkosten abwendet.

Unerheblich ist hierbei auch der Wert des zurückbehaltenen Fahrzeugs im Verhältnis zu den doch geringen Abschleppkosten, denn das Recht auf Zurückbehaltung würde seinen vom Gesetzgeber verfolgten Zweck verlieren, auf den Schuldner Druck auszuüben, wenn es nur dann ausgeübt werden könnte, wenn das Wertverhältnis in etwa ausgeglichen sei. Wildes Parken auf Privatgrundstücken kann daher zu Recht teuer werden.

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